Die Jugend hierbehalten

Wir sind eine strukturschwache Region. Das Ganze muss man immer Stufenweise betrachten. Im Vergleich zu Barlovento, steppt in Los Llanos oder in Santa Cruz gewissermaßen der ökonomische Bär. Vergleicht man dann die Geschichte mit den anderen Inseln, dann ist LA Palma, als Ganzes, Brachland. Und selbst die großen Inseln, stinken gegenüber dem Festland ab, ganz einfach, weil es da an Anbindung fehlt. Wir produzieren nichts auf den Kanaren, außer das, was wie selber verwursten können. Industrie lohnt hier aber nicht. Derjenige, der gut gebildet aus seinem Leben was machen will, weil er aus unerfindlichen Gründen auf die Idee kommt, dass Leben als solches nicht genügend Wert darstellt, macht sich vom Acker und macht dann abseits des Ackers Karriere. Wenn es tiptop läuft, dann tauchen die verlorenen Kinder wieder auf und remigrieren auf die Inseln. Viele bleiben aber weg und deshalb schwindet unsere Bevölkerung, was wiederum der Politik Angst macht. Dass die Leute dahin gehen, wo es die guten Jobs gibt, das ist recht normal und auch, dass viele keine Lust mehr haben in der Landwirtschaft zu Wullacken. Die Banane ist, subventioniert wie sie ist, nicht die Frucht, die uns eine Zukunft verspricht, aber man arbeitet ja bereits an einem Plan. Der Kanarenpräsident Clavijo möchte nun junge Menschen, die einen landwirtschaftlichen Betrieb aufmachen, finanziell unterstützen. Bis 100.000 Euro plant man da pro Betriebsgründung als Startkapital beizusteuern. Die Frage bleibt aber, ob das weiterhin lohnend ist, sich in den Primärsektor zu stürzen. Das Zeug, dass hier angebaut wird, ist nämlich streckenweise teurer als Importmassenware im Supermarkt. Exportieren ist aber wiederum teuer und wie lange wir noch von EU-Subventionen gepampert werden, dass weis in ganz Europa keiner.

Wenn das mit der Landwirtschaft also auf Dauer keine Zukunft hat, dann muss man sich Alternativen überlegen. Auf den großen Inseln hat man das seit vielen Jahren und das Modell nennt sich Massentourismus. Während man auf La Palma fantasiert, wie wir uns von den Massen eine Scheibe für uns abschneiden können, denken die auf den anderen Inseln schon wieder an eine andere Zukunft. Kapazitätsgrenzen in Sachen Aufnahme von Touristen sind längst erreicht und Strände die mal von allen genutzt wurden, werden von den Einheimischen gemieden, weil man sich nämlich nicht mal mehr eine Kugel Eis leisten kann, bei den Touristenpreisen. Die Geschichte mit den Arbeitsplätzen, die da entstehen, die hat nämlich einen gewaltigen Haken. Kellner und Putzfrauen verdienen nicht gerade viel, und deshalb können die dann bei den Preisen, die aufgerufen werden, nicht mehr mit. Das gilt im Übrigen auch für die Mieten die sich ein Normalverdiener dort nicht mehr leisten kann. Wenn man also meint, dass wir hier ähnliche Infrastrukturen schaffen sollen, wie auf den großen Inseln, dann sollten wir uns die Realität, die dort vorherrscht ganz genau anschauen. Dass solche Hotels den ein oder anderen Managerjob schaffen würden ist unbestritten. Nur kann ja nicht jeder unserer Jugendlichen Hotelmanager werden. Der Rest darf den Pool reinigen oder, weil so ein Job, bei gleichzeitig steigenden Preisen keine Zukunft bietet, er macht sich vom Acker.  Deswegen ist die Geschichte am Ende gar nicht so einfach. Die Motivation, dass man die Menschen hierbehält, die ist schon verständlich, aber man müsste eben eine tatsächliche Perspektive bieten können. Da gehört neben einem bezahlten Job aber dann auch eine entsprechende Lebensqualität dazu. Die Frage, die man sich zuerst stellen sollte ist, ob es den Menschen auf Teneriffa besser geht, als denen auf La Palma. Lebensqualität hat nämlich eben nicht nur finanzielle Aspekte. Und nun spinnen wir die Geschichte einfach weiter. Die Tatsache, dass ganz viele Junge, nach der Schule hier die Biege machen, woanders studieren und gegebenenfalls einige Jahre arbeiten, die kann ja auch ganz gut sein. Ein bisschen Weltoffenheit tut uns sicher auch ganz gut. Spannend wird es ja, ob die Leute zurückkommen. Und erstaunlicherweise kenne ich da so einige, denen mit 30 dämmert, dass man doch am liebsten wieder auf seine Insel möchte. Lustigerweise sind die alle gut ausgebildet und haben plötzlich gar keine Lust mehr auf Karriere, sondern suchen Lebensqualität und stellen fest, dass die hier vielleicht sogar höher ist. Das mein Eindruck hier nicht objektiv ist, das weiß ich selber. Aber gerade die, die etwas von der Welt oder vielleicht nur von den anderen Inseln gesehen haben, sind die die mit frischen Geschäftsideen hier ankommen und so sogar Arbeitsplätze schaffen können.

Die ganz große Frage, die sich hier allen stellen, ist die, wie es weitergehen kann. Wenn die Banane als Einkommensquelle fehlt, dann wird das hier bitter. Dass der gewünschte Massentourismus, den etliche Politiker propagieren, nicht wirklich erstrebenswert sein kann, sagen auch genug. Vielleicht muss man die Sache aber grundsätzlicher betrachten. Langfristig geht es vielleicht tatsächlich eher bergab als bergauf, zumindest was das insulare Bruttosozialprodukt angeht. Die Patentlösung, wie es das zu verhindern gilt, die hat keiner. Und vielleicht muss man sich aber auch damit abfinden, dass die Menschen dann hier die Biege machen und ihr Glück woanders suchen. Momentan ist es noch so, dass viele ja wiederkommen. Ich kann das generell nicht wirklich immer verstehen, was mit dem andauernden Wachstum der Wirtschaft gemeint ist. Vielleicht bin ich da aber zu blöd für. Meine Logik sagt mir aber, dass ich nur mehr haben kann, wenn ich an anderer Stelle was wegnehme. Irgendwie passt da nicht alles zusammen, und ich muss darüber lachen, wenn Christian Lindner öffentlich sagt, dass ihm ein Wirtschaftswachstum von 0,3 % peinlich sei. Wenn das das einzige ist, dass dem Mann ein Schamgefühl verursacht, dann gute Nacht.