Der Botaniker Arnoldo Santos, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der „Fundación Reserva de la Biosfera de La Palma“, hat eine Warnung ausgesprochen. Der Baum seines Anstoßes ist die Kastanie. Die breitet sich nämlich, so sagt es der Pflanzenexperte, ungefragt weiter aus und verdrängt andre hier heimische Arten, wie den wilden Lorbeer. Allerdings, so muss Herr Santos zugeben, gibt es da keinerlei empirischen Studien, was die Verbreitung der Kastanie angeht. Die würde er aber gerne durchführen und bettelt deshalb seit Jahren um Gelder, die ihm oder anderen Wissenschaftlern die Möglichkeit geben würden, dass man das, was angeblich gut sichtbar sei, hochwissenschaftlich untermauern und beweisen kann. Das mit der guten Sichtbarkeit der Veränderung ist nämlich ganz einfach. Im Gegensatz zu den endemischen Bäumen die da an den Osthängen der Cumbre wachsen, verliert der Kastanienbaum im Winter sein Laub. Die Folge ist eine herbstliche Verfärbung der Hänge. So gesehen ließe sich damit die ganze Geschichte sogar relativ einfach belegen. Einfach ein paar alte Fotos der letzten hundert Jahre rauskramen und dann sieht man ja. Gemeint ist das Gebiet von „Monteverde“ in Breña Alta und wenn da die Kastanie weiter wuchert, dann ist da vielleicht bald Schluss mit Verde. Und man kann das auch nicht einfach so laufen lassen, „Monteverde“ ist nämlich Teil des „Red Natura 2.000“, und die selbstauferlegten Spielregeln verpflichten die Verwaltung zum Handeln. „zona especial de conservación” nennt sich der Status, also besonders schützenswertes Gebiet. Das ist ja so eine Geschichte mit den endemischen Pflanzen, die wir hier haben. Ganz leicht ist das nämlich gar nicht. Der größte Teil der „Nutzpflanzen“, die hier wachsen, haben hier durch die Spanier erst eine neue Heimat gefunden. Vor Jahren kamen sogar einige auf die Idee, die Axt an die Mandel zu legen, alldieweil dieser Baum nicht hasenrein palmerisch war. Da war dann aber auch kurz Feuer. Kulturell gesehen ist das aber sowas von palmerisch. Die Geschichte mit den eingeschleppten Arten, ist auch generell ja nicht so einfach. Schließlich gibt es da weltweit Arschnasen, die da eine Freude dran haben, das mit dem „nicht endemisch“ auf ganz andere Bereiche zu übertragen. Und damit wird da tatschlich eine philosophische Frage daraus. Wenn die Kastanie nämlich den Lorbeer verdrängt, dann ist das eben so, und tatsächlich auch Teil unserer palmerischen Kultur, die sich eben verändert hat. Die Kastanie kam ja nicht von irgendwo, sondern wurde bewusst gepflanzt, weil man zum einen das Holz aber auch die Früchte haben wollte. Schließlich reden wir hier ja nicht von den in Deutschland vorkommenden runden Knubbeln, sondern von lecker Esskastanien / Maronen, die hier jedes Jahr zum heiligen Martin lecker geröstet und von den Kindern in der Schule aufgemampft werden. Und da kommt nun aber die Geschichte mit der Kultur und den Gewohnheiten ins Spiel. Früher wurden die Bäume auf der Ostseite im Terrassenanbau kultiviert. Mittlerweile wachsen die Bäume aber alleine vor sich hin. Und die Kastanien werden eben recht alt, sprich man haut die nicht mehr, zwecks Holzgewinnung, um. Die Folge sind mehr Früchte, die eben auch nicht mehr eingesammelt werden und deshalb neue Bäumchen entstehen lassen. Auch kommt es laut Arnoldo Santos zusätzlich zu einer Vermehrung über das Wurzelwerk. Laut der Conseja für Umwelt der Inselregierung, Susa Armas, hat das Phänomen der Aufgabe der Nutzung der Kastanienplantagen zum Gegenteiligen Effekt auf der Westseite geführt. Hier verschwinden die Bäume, wenn Sie nicht gepflegt werden nach und nach, hier gibt es aber wesentlich weniger Bäume und diese sind auch leichter zugänglich. Dadurch wird im Herbst munter gesammelt und weniger Fallfrüchte, die liegenbleiben, sorgen dafür, dass es nicht zu einer Ausbreitung kommt. Das betont auch Daniel Mentrel, der selbst Kastanien kultiviert. Im Prinzip könnte die ganze Geschichte tatsächlich lohnend sein, meint er. Das Problem auf der Ostseite sieht er eher an den ungeklärten Besitzverhältnissen der aufgegebenen Hänge, dadurch käme es zu einer unkontrollierten Vermehrung. Man müsste diese Gebiete wieder für eine aktive Landwirtschaft zugänglich machen. Und er fordert dann aber auch, dass sich die Behörden ebenfalls an der Sicherheit beteiligen müssten. Derzeit sei es so, dass sein Hauptaufwand zur Erntezeit darin bestehen würde, die Polizei zu rufen, oder selbst die diebischen Wanderer von seiner Plantage zu vertreiben.