10% sind manchmal mehr

Wir bekommen auf den Kanaren ein neues Gesetz zur touristischen Vermietung von Ferienunterkünften. Hintergrund ist ganz einfach der Wohnungsmangel, explodierende Mieten und Menschen, die sich diese, obgleich vollzeitig arbeitend, nicht mehr leisten können. Bei uns auf La Palma ist das gar nicht so schlimm, weil wir ja nicht komplett überlaufen sind. Auf den anderen Inseln, z.B. auf Teneriffa ist das aber schon eine andere Sache, da leben die Angestellten der Hotels teilweise an Wohnmobilen am Straßenrand. Die Idee der kanarischen Regierung war es, den Anteil der Viviendas Vacacionales zu begrenzen, damit nicht ganz soviel aus dem normalen Wohnungsmarkt verschwinden. Gerade in den großen Städten gibt es auch das Problem, dass normale Wohnungen, vor allem in begehrten Gegenden, umgewandelt werden. Da hängen dann plötzlich 10 Schlüsselkästchen an der Wand und die normalen Bewohner sind im Haus in der Minderheit. Die Sache mit der Umwandlung soll entsprechend erschwert werden und auch Sozialwohnungen werden auf keinen Fall mehr umfunktioniert. Ganz generell hat man gesagt, dass pro Gemeinde nicht mehr als 10% der Unterkünfte touristisch genutzt werden sollen bzw. dürfen. Da haben einige Gemeinden nun aber Einspruch gegen so eine pauschale Regel erhoben, und nun möchte man diesen die Möglichkeit geben, dass sie auch mehr dürfen, wenn sie nachweisen können, dass die Lebensqualität dadurch nicht beeinträchtigt wird. Genau hier scheint der Ansatz ganz clever zu sein, weil natürlich Las Palmas de Gran Canaria nicht über denn gleichen Kamm geschoren werden kann, wie Garafia. In Manchen Orten, in denen eher eine Flucht stattfindet, kann eine verstärkte touristische Nutzung der bestehenden baulichen Infrastruktur ja von Vorteil sein. Schließlich konsumieren die Touristen ja auch vor Ort, und im Zweifelsfall entsteht dadurch eine kommerzielle Infrastruktur, von der auch die normalen Bewohner profitieren. Ganz generell ist eine solche Begrenzung ja nicht das dümmste, und die meisten Leute sehen den Tourismus als solchen ja auch nicht als das Problem an, sondern vor allem die Form, wie er derzeit in einigen Orten auf den Kanaren um sich greift. Allerdings gibt es mittlerweile entsprechende Studien, dass es gar nicht die kommerziellen Ferienwohnungen sind, die das Problem darstellen, sondern vor allem die Wohnungen, die von wohlhabenden und gutbeerbten Canarios und Mitteleuropäern als Zweitwohnsitz erworben wurden. So eine Wohnung in Strandnähe ist ja ganz fein, und so mancher träumt nach wie vor von einem Häuschen oder Appartement auf den Kanaren. Diese Unterkünfte sind dann eben auch dem Mietmarkt entzogen, und werden, weil häufig nicht als Ferienwohnungen deklariert, unter der Hand an Touristen vermietet, tauchen aber nirgend offiziell auf. Auch für La Palma gibt es entsprechende Facebookgruppen, die schön geschlossen sind, damit niemand der Illegalität auf die Schliche kommt. Mir stinkt dieses System ganz gewaltig, nicht weil wir und unsere Hausbesitzer die ganzen Geschichten hier fein versteuern und uns andere das Geschäft streitig machen, sondern weil ich, als linksgrünversiffter Gutmensch, immer wieder denke, dass die Inseln eben mehr sind, als nur schöne Natur und Strand und dass die Bewohner hier eben zum Urlaubspaket mit dazu gebucht werden. Schließlich muss die genutzte Infrastruktur auch irgendwie finanziert werden, weshalb es sehr schön wäre, wenn das Geld das hier fließt, auch durch den lokalen Fiskus geht.

Ob das neue Gesetz, für welches sogar, zur Information der Bürger, eine extra Internetseite angekündigt wurde, in der jetzigen Fassung kommen soll, ist noch nicht ganz sicher. Man gibt das nun noch in die entsprechenden Beratungsausschüsse, und dann darf auch noch das Parlament ran, wobei sich die einzelnen Fraktionen, bislang nicht geäußert haben, wie hoch die Zustimmungsbereitschaft nun sein wird. Aber die ursprüngliche Version, die einige in höchste Alarmbereitschaft versetzt hat, ist nun schon deutlich abgeschwächt.