Jetzt haben wir schon den zweiten Restaurantinhaber mit berühmter Vergangenheit hier in El Paso. Neben Chito, seines Zeichens ehemaliger venezolanischer Fußballnationalspieler, dem die Arepera Yaracuy gehört, gibt es nun auch noch einen neuen Betreiber in der Bodegon Abuela. Die letzten Tage war da immer schon geschäftiges Treiben und vor zwei Tagen wurde der Laden dann eröffnet. Davor baumeln eine kanarische, eine mexikanische, eine italienische und eine deutsche Fahne im Wind und die Speisekarte sorgt auch erst mal für etwas Irritation. Schnitzel mit Pommes und Schweinshaxe in Biersosse? Ernsthaft? Dann noch mexikanische Tacos, Gegrilltes in fleischiger und fischiger Form, sowie Pasta. Auf den ersten Blick fühlt man sich dabei erstmal an die unseeligen indischen Pizzalieferanten in Deutschland erinnert, die eben auch Schnitzel, Curry und Chinaessen, neben der Pizza anbieten. Zwischen den Fahnen und oberhalb der Speisekarte hängt dann noch ein Bild mit der Küchenmannschaft. In der Mitte strahlt ein älterer Herr mit Kochmütze und darunter prangt der Name „Pasqualino Palmieri“. Muss man den kennen? Mal die Googlemaschine angeworfen und die hat dann auch so einiges ausgespuckt. Das ist doch tatsächlich ein, vor allem in Deutschland, bekannter Küchenchef, der früher in seinem Restaurant „Amalfi“ in Düsseldorf die Prominenz bekocht hat. Der Mann ist so bekannt, dass er mehrere Kochbücher herausgebracht hat, im Fernsehen tätig war und auch die deutsche Nationalmannschaft nach dem WM-Gewinn 1990, wo er geladen war, mitten in der Nacht im Mannschaftshotel, mit Spagetti versorgt hatte. Im Internet finden sich Bilder mit Helmut Kohl, Thomas Gottschalk, Franz Beckenbauer, Loriot, usw. Der ehemalige italienische Staatspräsident Cossiga nannte ihn „ein Vorbild für die italienische Küche“.
2016 hat Palmieri dann sein letztes Lokal, zwischenzeitlich hatte der Mann eine Art Gastro-Imperium in Düsseldorf, verkauft und war fortan noch als Gastkoch in irgendwelchen Nobelschuppen tätig und hat nebenbei noch Catering gemacht. Warum kommt so jemand nach La Palma und eröffnet mit 74 Jahren nochmal ein Restaurant? Ich dachte, dass man da mal Nachfragen könnte und bin dann gestern um kurz vor 13 Uhr mal hingefahren. Der Chef war auch kurz zu sprechen und hat mir den Sachverhalt erklärt. Er kannte La Palma schon und hält sich seit Monaten auf der Insel auf. Irgendwann kam er dann auf die Idee, dass man hier doch auch etwas machen könnte, sollte einem die passende Lokalität über den Weg laufen. Außerdem fühlt sich seine mexikanische Frau (das erklärt die Tacos) hier sehr wohl, und man hat hier eben seine Ruhe. Er hatte aber nicht soviel Zeit, weil er ja ab 13 Uhr Gäste erwarten würde und nun in die Küche müsse. Weil die Preise, anders als man es bei einem Nobelkoch erwarten würde, dann aber im Normalbereich lagen habe ich dann doch einen Tisch für den Abend bestellt und die Ex-Chefin der eigenen Firma gleich noch zum Essen eingeladen, die hatte eh noch was gut.
Am Abend war der Laden dann recht voll, aber wir hatten ja reserviert. Ich hatte, protestantisch erzogen, da so meine Befürchtungen. Mir ist das immer höchst unangenehm, wenn mir der Kellner was hinstellt und ich gehe dann lieber selber zur Theke um mein Zeug ab zu holen. Aber die ganze Geschichte war nur bedingt nobel, wenn man davon absieht, dass man die Serviette, zwischen zwei Gabeln geklemmt, punktgenau neben sein Tellerchen gelegt bekommt. Vorab hat sich die herzliche Kellnerin dafür entschuldigt, dass es etwas länger dauern würde, alldieweil es ja erst der zweite Tag sei, und die ganze Geschichte noch nicht eingespielt sei. Anschließend wurde mit meinen Kindern rumgefeixt, alles persönlich und nett. Weil es dann doch gar so lange dauerte haben wir dann noch Gratis-Entschuldigungs-Antipasti an den Tisch bekommen. Brutal lecker. Irgendwann kam dann auch das Essen. Wer das Schnitzel bestellt hat, verrate ich nicht, nur so viel, dass wir manchmal zu Hause selber welches machen. Mein Sohn bestellte die Tacos in der scharfen Variante, was Begeisterung bei der Frau des Chefs ausgelöst hatte, die extra deswegen dann auch noch zu uns an den Tisch kam, um das Kind zu interviewen. Der Rest hatte Pasta in verschiedenen Variationen. Die frischen Nudeln in Sahnetrüffelsosse im Parmesankörbchen für € 12,- waren richtig lecker, aber aufgrund der Größe der Portion und der Temperaturen über 30 Grad auf der Terrasse, ein strategischer Fehler und somit das einzige Gericht, dass nicht komplett aufgeputzt wurde. Im Anschluss hat uns der Chef dann noch einen Limoncello spendiert und wir kamen etwas ins Gespräch. Der Mann ist grundsympathisch und bodenständig. Er hat sich dann auch mehrmals entschuldigt, dass es an allen Ecken und Enden noch gehapert hatte, aber die Sache sei noch nicht richtig eingespielt und auch für ihn selbst sei es ungewohnt wieder selbst zu kochen und nicht nur delirierend Anweisungen zu geben. Dass er sich in Deutschland zum „Nobelitaliener“ entwickelt hat, lag neben den Kochkünsten, nach seiner Aussage auch einfach daran, dass sich die ganzen Promis eben untereinander kennen würden, und so kommt halt das eine, bzw. der eine zum anderen dazu. Angenehm unprätentiös ist der Mann, wenn man bedenkt, in welchen Kreisen der normalerweise verkehrt hat. Und das Ganze ist auch preislich komplett normal. Wir haben für 5 Gerichte plus Getränke € 60,- bezahlt. Nett war dann aber doch das leichte Klagen über die Schwierigkeiten hier das richtige Kochmaterial zu bekommen. Die Qualitätsanspüche an die Zutaten von italienischen Köchen sind ja generell recht hoch und für so jemanden wie ihn muss das manchmal echt schwer sein. So sei die gelieferte Kalbsleber, dann eben doch eher Rinderleber. Der Vorschlag, dann eben das Produkt als Rinderleber an zu bieten tat er mit einem Lachen und der Bemerkung ab, dass hier ja auch genug Katzen rumspringen würden.